Kontakt
Storbeck Garten- und Landschaftsbau
Alt Westerhüsen 151
39122 Magdeburg
Homepage:www.storbeck-galabau.de
Telefon:0391 4046140
Fax:0391 4020130

Baum des Jahres 2022 – Die Rot­buche

Wald

Fotos: Andreas Roloff/ Baum-des-Jahres

Fagus sylvatica

Um einem weit verbreiteten Miss­verständnis gleich zuvorzu­kommen: Die Rot-Buche ist nicht die Buche mit den roten bis schwarz-roten Blättern, die in Parks, Fried­höfen und größeren Gärten oft zu sehen ist. Dieser auf­fällige Baum ist die Blutbuche, eine kultivierte Varietät der Rot-Buche, und Rot-Buche ist der botanisch korrekte Name für die grün­blättrige Buche in unseren Wäldern. Sie heißt so, weil ihr an sich eher weiß-gelbes Holz im Vergleich zum fast weißen Holz der zu den Birken­gewächsen gehörenden Hain- oder Weiß­buche einen leicht rötlichen Einschlag hat. Zugegeben – das ist keine wirklich überzeu­gende Namens­gebung. Da hier in Mittel­europa keine andere Buchenart heimisch ist, wird sie im folgenden Text meist schlicht Buche genannt.

Verbreitung

Sie ist die häufigste Laub­baumart in Deut­schlands Wäldern. Mit ihrem recht variablen Höhen­wuchs von bis zu 45m kann sie alle anderen Laub­bäume – außer vielleicht der Esche – übertreffen. Ihre Wuchsform kann im Wald recht schlank ausfallen – mit einem bis zu 25 Metern astfreien Stamm und mit schräg nach oben gerichteten Kronen­ästen. Außerhalb des Waldes – im Freistand – geht die Buche aber eher in die Breite. Dort beginnt meist schon in zwei bis drei Metern Höhe eine aus­ladende Krone auf einem wuchtigen Stamm. Sie wird hier in Deutschland selten älter als 300 bis 350 Jahre. Die älteste Buche in Europa steht in den Österreichischen Kalkalpen und ist 550 Jahre alt. Auffällig und einzigartig unter den Waldbäumen ist ihre bis ins hohe Alter glatte, silbergraue, allerdings gegen direkte Sonnen­bestrahlung empfindliche Rinde.

Sie ist pure Europäerin. Allerdings sind ihr die Winter in Nordeuropa mit Ausnahme der eher küstennahen Flachland­gebiete in Südschweden und Süd­norwegen zu kalt. Richtung Osten wird ihr das Klima schon recht bald zu trocken und die häufigen Spätfröste zu gefährlich. Ihre Ostgrenze ist daher schon im westlichen Polen erreicht und zieht sich östlich der ukrainischen und rumänischen Karpaten bis nach Bulgarien. Im Westen bildet die kontinentale Atlantik­küste die natürliche Grenze, die die Buche allerdings vor etwa 3000 Jahren nach Südengland über­sprungen hat. Im Süden und Südosten Europas ist es ihr in den tiefer gelegenen Regionen zu warm und zu trocken. Dort ist sie ausschließ­lich in den höheren Berglagen zu Hause und bildet häufig die montane Waldgrenze – in Sizilien beispiels­weise in 2250 m Höhe. Deutschland liegt mittendrin im europäischen Verbrei­tungsgebiet. In allen Regionen sind für Buchen potenziell geeignete Wuchs­gebiete vorhanden – vom nord­deutschen Flachland über die Mittel­gebirge bis in den Alpenraum. Deutschland gilt daher als eine Art Kernland der Buche.

Das Schattenreich

Besondere Ansprüche an den Standort stellt die Buche nicht. Der Boden darf lediglich nicht zu nass oder zu trocken sein. Er kann ruhig recht sauer und nährstoff­arm sein, aber auch reiner Kalkboden kommt infrage. Solange mindestens 650mm Regen im Jahr fallen, geht’s der Buche gut. Mit anderen Worten: Sie kommt auf allen Wald­standorten gut zurecht, außer in Auwäldern, Mooren, Sümpfen und auf sehr trockenen Böden.

In der Konkurrenz mit den anderen Waldbaum­arten ist die Buche deutlich im Vorteil, und zwar durch ihre Laubkrone, die einen ungewöhnlich starken Schatten wirft. Unter dem dichten Kronendach der Buchen können außer Eiben, Stechpalmen und Weiß-Tannen keine der anderen Baumarten lange überleben. Nur ihr eigener Nachwuchs, der hat eine unge­wöhnlich hohe und aus­dauernde Schatten­toleranz. Junge Buchen können über viele Jahre, ja sogar einige Jahrzehnte in diesem Schatten in Warte­position verharren, wachsen aber sofort los, wenn durch einen abge­storbenen oder weg­gebrochenen Baum ausreichend Licht durchs Kronendach fällt.

Wie ausgefeilt diese Schatten­strategie funktioniert, lässt sich beim jährlichen Blatt­austrieb beobachten, der sich über fünf, sechs Wochen von Ende April bis in den Juni hinzieht und sukzessive von unten nach oben verläuft: Er beginnt bei den keimenden Buchen am Boden, gefolgt von den jüngeren Buchen im Unterholz, dann werden die unteren Kronen­zweige grün und schließlich dann auch das Kronendach. So bekommen alle vom späteren Schatten der Krone betroffenen Triebe immerhin wenige Wochen ausreichend Licht, um fertig auszutreiben.

Es wird angenommen, dass die Buche dank dieser Schatten­strategie mindestens auf zwei Dritteln der hiesigen Waldfläche zur beherr­schenden Baumart werden kann. Alle anderen Waldbäume können sich letztlich nur in den Randgebieten des Buchenareals als Mischbaum­arten halten oder müssen gänzlich auf Standorte außerhalb ausweichen. Reine Buchen­wälder, in denen aufgrund der Licht­verhältnisse eine kaum ins Auge fallende Boden­vegetation zu sehen ist, haben durchaus einen hohen ästhetischen Reiz. Besonders eindrucks­voll sind die sogenannten Hallen­wälder, in denen die Buchen alle etwa gleich alt und gleich hoch gewachsen sind. Solche Wälder erwecken aber auch leicht den Eindruck, sie seien höchst artenarm. Das stimmt sicherlich, was die Anzahl der Pflanzen­arten betrifft. Doch der Schwerpunkt der spezifischen Biodiversität von Buchen­wäldern findet sich vor allem bei Insekten und Pilzen und ist besonders hoch in alten Buchen­wäldern mit viel abgestorbenem Holz.

Wald­geschichte

Erstaunlicher­weise ist die Rot-Buche ein ziemlicher Neuling in Europas Wäldern. Zwar gab es schon am Ende des Tertiärs vor etwa 3 Millionen Jahren im damals noch wärmeren Europa mehrere Buchenarten, doch die Rot-Buche war nicht dabei. Als sich das Klima dann immer weiter abkühlte, sind alle diese Buchen bis auf eine – die Orient-Buche – aus­gestorben. Auch diese hat sich damals weitgehend aus dem periodisch kalten Europa zurück­gezogen und beschränkt sich seitdem auf das Schwarzmeer­gebiet, die Kaukasus­region und das persische Elbrus-Gebirge. Nur gelegentlich ist sie während der wärmsten Phasen der Zwischen­eiszeiten kurz auch in Europa aufgetaucht. Die Rot-Buche hat sich erst während der letzten Kaltzeit aus einer genetischen Variante der Orient-Buche im wärmeren Südeuropa zu einer durchsetzungs­starken und eigen­ständigen Art entwickelt. *

* Die Rot-Buche und die sehr ähnliche Orient-Buche werden mittlerweile aufgrund von immer detail­lierteren molekular­genetischen Analysen als zwei Unterarten einer einzigen Art angesehen. Sie sind ohne Weiteres miteinander kreuzbar und es gibt zahlreiche Hybrid­formen in den sich über­schneidenden Verbreitungs­gebieten.

(...) Text: Dr. Rudolf Fenner

HINWEIS: Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite ist die ieQ-systems Building GmbH & Co. KG